Nestroy-Jux by Hermann Bauer
Autor:Hermann Bauer [Bauer, Hermann]
Die sprache: deu
Format: epub
veröffentlicht: 2013-12-16T16:00:00+00:00
11
»Der Vernünftige sieht im Fortjagen nur eine Einladung, zu einer günstigeren Zeit wiederzukommen.«
(Nestroy)
Das Reisebüro war klein, aber hell und wirkte freundlich. Das musste es wohl, um die Menschen zu Reisen in die groÃe, weite Welt zu verführen. An den Wänden konnte man die günstigsten Preise und Last-Minute-Angebote zu all den vielen Orten, wo man immer schon hinfahren wollte, lesen. Daneben machten Poster mit den farbenprächtigsten Bildern Appetit auf einen Urlaub. Es waren solche Fotos, von denen Leopold das Meer kannte.
Eine brünette Dame Mitte 30 produzierte ihr bestes Samstagvormittagslächeln, um ihn zu sich zu locken. »Nein, danke«, winkte Leopold ab. »Ich warte lieber auf Ihre Kollegin.«
Simone Bachmann war noch dabei, eine Kundschaft zu beraten. Nach einigen Minuten Geduld hatte sie aber Zeit für ihn. »Ach, Herr Leopold, der Ober aus dem Kaffeehaus. Haben Sie plötzlich Lust aufs Reisen bekommen?«, fragte sie. Ihre Freundlichkeit wirkte ein wenig unterkühlt.
»Ob ich richtige Lust habe, weià ich nicht«, entgegnete Leopold. »Ich habe mir nur gedacht, ich könnte einmal nachschauen, wo man überhaupt hinfahren kann.«
»Also, die Möglichkeiten sind praktisch unbegrenzt«, gab Simone Auskunft. »Sie können fahren, wohin Ihr Herz begehrt. Kroatien, Griechenland, Türkei wären klassische Ziele, aber es geht natürlich auch weiter weg: Malediven, Dominikanische Republik â¦Â«
»Und ein bisserl näher? In Ãsterreich vielleicht?«, erkundigte Leopold sich vorsichtig.
»Kann ich Ihnen auch etwas vermitteln. Tirol, Kärnten oder Salzburg? Oder einen kleinen Wellnessurlaub? Was darf ich Ihnen anbieten?«
»Ich weià nicht, ich bin halt noch so unentschlossen. Wo würden Sie denn hinfahren? Ans Wasser, nehme ich an.«
»Vielleicht. Sehr sicher sogar.« Plötzlich verzog Simone Bachmann ihr Gesicht. »Sie spielen wohl auf mein nächtliches Bad mit Ihrem Freund Thomas Korber an? Wie dumm ich doch bin. Es geht Ihnen gar nicht darum, auf Urlaub zu fahren. Ausfratscheln wollen Sie mich. Sie waren ja schon vorgestern so nett, Thomas und mir nachzuspionieren. Was für ein reizender Mensch, habe ich mir damals gedacht.«
Die Kollegin hatte beschlossen, eine kleine Pause zu machen und war nach drauÃen gegangen, um eine Zigarette zu rauchen. »Seinen Sie mir nicht bös, ich mach mir halt manchmal Sorgen um meinen Freund«, gestand Leopold, als er merkte, dass sie jetzt alleine waren. »Besonders, wenn er nachts mit Frauen unterwegs ist.«
»Sie sind ja noch rückständiger als die meisten rückständigen Eltern. Muss Thomas Sie immer fragen, was er darf und was er nicht darf? Warum lassen Sie ihn nicht alleine entscheiden?«
»Weil ich ihn kenn«, bemerkte Leopold knapp.
»Nein, weil Sie ein Kümmerer sind. Sie glauben, sich um alles und jeden kümmern zu müssen. Und weil Sie sonst niemanden haben, trifft es eben hauptsächlich Thomas. Schrecklich neugierig sind Sie natürlich auch noch. Eine gesunde Mischung, alle Achtung. Und was wollen Sie jetzt von mir?«
»Schauen Sie, mein Freund ist halt einer, der sich sehr leicht verliebt, und dann gleich bis über beide Ohren. Ich habe das Gefühl, dass das jetzt bei Ihnen wieder der Fall ist. Und da wollte ich nur wissen, ob Sie es halbwegs ernst meinen.«
Simone Bachmann konnte sich jetzt nicht mehr zurückhalten. Sie begann, laut und prustend zu lachen. »Nein, wirklich! Wie der Vater eines pubertierenden Jünglings.
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